- preußischer Verfassungskonflikt
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preußischer Verfassungskonflikt,Verfassungskonflikt in Preußen.IIpreußischer Verfassungskonflikt,die Auseinandersetzungen in Preußen zwischen Krone und Regierung sowie Abgeordnetenhaus um die seit 1860 betriebene Heeresreform (1861-66; »Konfliktzeit«).Ein 1860 vorgelegter Gesetzesentwurf (»Heeresvorlage«) sah die Verstärkung der Friedenspräsenz des Heeres beziehungsweise die Erhöhung der jährlichen Rekrutenzahl unter Beibehaltung der dreijährigen Dienstzeit und eine Einbeziehung von Teilen der Landwehr in das Heer vor. Gegen die Aufwertung der Armee auf Kosten der Landwehr, v. a. aber gegen die dreijährige Dienstzeit wandte sich die Mehrheit des Abgeordnetenhauses und verlangte neben einer Verkürzung der Dienstzeit eine Verstärkung des parlamentarischen Budgetrechts. Der Verfassungskonflikt entstand nach dem Wahlsieg der die Heeresvorlage ablehnenden Deutschen Fortschrittspartei (6. 12. 1861 6. 5. 1862 ): Nachdem das Abgeordnetenhaus die begonnene Reorganisation der Armee 1860 und 1861 mit der jeweils für ein Jahr geltenden Haushaltszustimmung vorläufig gestützt hatte, verweigerte es im September 1862 mit seiner liberalen Mehrheit die Zustimmung zum Etat. Die folgende Krise, u. a. auch verursacht durch das starre Festhalten von König Wilhelm I. an überkommenen absolutistischen Rechten und begleitet von der Androhung seiner Abdankung, führte mit der Entlassung der liberalen Minister zum Ende der Neuen Ära in Preußen. Auf dem Höhepunkt der Krise, der Ablehnung des Militäretats durch das Parlament am 23. 9. 1862, berief der König am 24. 9. 1862 O. von Bismarck zum Ministerpräsidenten und am 8. 10. auch zum Außenminister Dieser regierte zunächst aufgrund der von ihm aufgestellten »Lückentheorie«, wonach bei fehlendem Haushaltsbeschluss des Parlaments die Regierung berechtigt sei, die Verwaltung wie bisher fortzuführen. Durch geschickte Verknüpfung der inneren Probleme mit wirtschafts- und außenpolitischen Aspekten gelang ihm in der Folge ein Wandel der öffentlichen Meinung, der eine Umstrukturierung des preußisch-deutschen Parteiwesens nach sich zog. Mit Unterstützung v. a. der Nationalliberalen endete im Deutschen Krieg von 1866 der Verfassungskonflikt politisch mit der Gründung des Norddeutschen Bundes (1867); verfassungsrechtlich wurde er mit der Annahme der Indemnitätsvorlage am 3. 9. 1866 beigelegt.A. Hess: Das Parlament, das Bismarck widerstrebte (1964);T. Nipperdey: Dt. Gesch. 1800-1866 (46.-51. Tsd. 1994).
Universal-Lexikon. 2012.